„Der Boden wurde bereitet, die Pflanze kann wachsen.“

Nach nahezu 150 Jahren des Wirkens und Gestaltens verabschieden sich mit Sr. Thekla Mollner und Sr. Paula Kölndorfer die letzten beiden Schwestern vom Göttlichen Erlöser aus der Klosterschule Neusiedl am See. Seit 2004 ist die Vereinigung von Ordensschulen Österreich (VOSÖ) Schulerhalter der Klosterschule und führt diese im Sinne der Schwestern weiter.

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Rudolf Luftensteiner, Vorstandsvorsitzender der VOSÖ, Maria Habersack, Geschäftsführerin der VOSÖ, mit den Schwestern vom Göttlichen Erlöser Sr. Thekla Mollner und Sr. Paula Kölndorfer sowie Sr. Cäcilia Kotzenmacher, stv. Vorstandsvorsitzende der VOSÖ. (C) ÖOK/Magerl 

150 Jahre Wirken und Gestalten in der Klosterschule Neusiedl

1872 kamen 3 Schwestern aus der „Kongregation der Töchter des göttlichen Erlösers“ nach Neusiedl am See, bereits 1873 wurde der erste Kindergarten eröffnet. Nach nahezu 150 Jahre des Wirkens und Gestaltens der Schwestern in der Klosterschule Neusiedl geht nun eine Ära zu Ende.

Im Zentrum des Wirkens der Schwestern stand immer eine ganzheitliche Betreuung der ihnen anvertrauten Menschen. Ihr großes Anliegen war und ist es, die Schüler*innen in christlichem Geist zu betreuen, in ihnen Glauben, Vertrauen zu wecken, Fähigkeiten zu entwickeln und zu fördern, damit sie zu eigenständigen, verantwortungsbewussten Persönlichkeiten heranwachsen können.

Gemeinsam mit den Schwestern auf dem Weg

Mit einem Abschiedsfest nahmen Schüler*innen, Pädagog*innen, Vertreter*innen der VOSÖ und viele weitere Weggefährt*innen am Freitag, 17. September 2021 Abschied von Sr. Thekla Mollner und Sr. Paula Kölndorfer. Die letzten beiden Schwestern vom Göttlichen Erlöser, die noch bis vor kurzem im Schulbetrieb mitgewirkt haben, nahmen Abschied und ziehen sich nun ganz aus dem Schulbetrieb zurück.

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Die Schülerinnen der Neuen Mittelschule verabschiedeten sich bei Sr. Paula und Sr. Thekla mit Liedern und persönlichen Anekdoten aus dem Schulleben mit den Schwestern. (C) ÖOK/Magerl 

Der Festtag begann mit Dankesfeiern in der Klosterschule. Stellvertretend für die Volksschulkinder, die corona-bedingt leider nicht persönlich anwesend sein konnten – bedankten sich die Volksschulpädagog*innen und Volksschuldirektor Sascha Baumgartner bei den Schwestern und versicherten, „die Schule im Sinne der Schwestern weiterzuentwickeln“. Die Schülerinnen und Lehrer*innen der Neuen Mittelschule überraschten die Schwestern mit Liedern, deren Texte auf die Schwestern umgedichtet wurden. In persönlichen Anekdoten sprachen die Schülerinnen ihren Dank für den „stets freundlichen Dienst an der Pforte, die lebhafte Vermittlung der Geschichte der Ordensgemeinschaft, für die wohltuende Gespräche oder auch mal eine Tasse Tee, wenn es einem einmal nicht gut ging“ und vieles mehr aus.

Achtsamkeit, Wertschätzung und Zuhören!

Die Schwestern vom Göttlichen Erlöser waren stets in der Klosterschule, in der Stadt und im gesamten Bezirk präsent. Sr. Thekla war viele Jahre lang als Volksschullehrerin tätig, Sr. Paula brachte den Kindern Handarbeiten bei. Zuletzt traf man die beiden abwechselnd an der Pforte der Klosterschule an, sie schmückten die Kapelle für die Donnerstagsmesse und waren immer für die Kinder da. Sie selbst wünschen sich für die Zukunft, dass „die Kapelle der Mittelpunkt der Schule bleiben soll und Achtsamkeit, Wertschätzung und vor allem auch das Zuhören in der Klosterschule immer großgeschrieben werden.“

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Probesitzen auf der neuen Bank. Als Dankeschön und als Erinnerung überreichten die Lehrer*innen und Direktoren den beiden Schwestern eine Bank für den "Ruhestand" von der Schule. (C) ÖOK/Magerl

Die beiden Direktoren Sascha Baumgartner und Wolfgang Borbély betonten, dass sie die beiden Schwestern „nur schweren Herzens ziehen lassen“ und versprachen, dass sie „die Schule im Sinne der Schwester weiterführen und stets in Verbindung und in enger Verbundenheit bleiben werden“. Mit großem Verantwortungsbewusstsein und Gottvertrauen blicke man in die Zukunft. Das Ordenscharisma der Kongregation der Schwestern vom Göttlichen Erlöser werde für immer die Schule und das Leben in der Schule prägen. „Der Boden wurde bereitet, die Pflanze kann wachsen.“ Ein Segenslied der Lehrer*innen für die Schwestern rundete die Feierlichkeiten in der Schule ab.

Dankgottesdienst in der Pfarrkirche Neusiedl am See

Im Anschluss feierten die Weggefährt*innen mit den Schwestern einen Dankgottesdienst in der Pfarrkirche Neusiedl am See, gestaltet und musikalisch umrahmt vom Chor und der Band der Klosterschule. Im Anschluss des Gottesdienstes fand ein Festakt zu Ehren der Schwestern statt. Maria Habersack, Geschäftsführerin der VOSÖ, begrüßte die zahlreich erschienen Gäste, darunter Bürgermeisterin Elisabeth Böhm, der Vizebürgermeister und zahlreiche Stadträte, Bildungsdirektor Heinz-Josef Zitz sowie zahlreiche Schüler*innen, Pädagog*innen und Wegbegleiter*innen.

Den Fußabdruck der Liebe Gottes sichtbar machen

Rudolf Luftensteiner, Vorstandsvorsitzender der VOSÖ, drückten in seiner Ansprache die herzliche Verbundenheit mit den Schwestern vom Göttlichen Erlöser aus und betonte das wertvolle Wirken der Schwestern in der Klosterschule. „Sie sind für Generationen von Kindern Wegbegleiterinnen in ein gelingendes Leben gewesen.“ Er bedankte sich für das Vertrauen der Schwestern, dass sie der Vereinigung von Ordensschulen Österreich ausgesprochen haben, indem sie 2004 die Schule in die Hände der VOSÖ legten. „Das Grundcharisma der Schwestern hat der VOSÖ den Mut gegeben, diese traditionsreiche Schule weiterzuführen.“ Leider sei nun die Zeit gekommen, auch die Präsenz der Schwestern in der Klosterschule Neusiedl am See aufzugeben. „Ihr Einsatz wird fehlen, vor allem Ihr Dasein und Ihre Zuwendung zu den Menschen, mit denen Sie das Leben täglich teilten.“

„Die Schwestern machten die Arbeits- und Lernstätte zu einem Lebensort, der Wärme, Nähe und Vertrauen schaffte.“ Der Vorstandsvorsitzende betonte, dass die Schwestern in der Klosterschule den Fußabdruck der Liebe Gottes sichtbar werden ließen und die Liebe Gottes vielen Schülergenerationen erfahrbar und erlebbar machten.

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Die Klosterschule Neudsiedl am See (Volksschule, Mittelschule und Tagesbetreuung) wurde von den Schwestern vom Göttlichen Erlöser gegründet und 2004 an die Vereinigung von Ordensschulen Österreich übergeben. (C) Klosterschule Neusiedl

„Alles hat seine Stunde“

„Es gibt eine Zeit zu säen und eine Zeit zu ernten, eine Zeit des Abschieds und eine Zeit, Neues zu wagen“, begann Generaloberin Sr. Johanna Vogl frei nach Kohelet ihre Abschieds- und Dankesworte. Sie blickte zurück auf eine bewegende Zeit, in der die Schwestern in Neusiedl und auch in der Umgebung gelebt und gewirkt haben. „Ja, es gab sie – die Schwestern, die einfach da waren, die das Ortsbild, das Stadtbild von Neusiedl prägten.“ Nun sei die Aktivität – oder wie im Klosterjargon gesagt werde – das Apostolat für mache der Schwestern zu Ende, nicht aber der Auftrag, aus dem zu leben, was Menschen, den Schwestern Kraft gebe: Die Überzeugung, dass sinnvolles Leben seine tiefsten Wurzeln habe im Angenommensein, im Heimat haben und geben, in der Würde des Menschseins.

Die Generaloberin betonte, dass es gut tue, zu wissen, „dass das Haus gut bestellt ist – Auftrag und Aufgabe bleiben.“ Sie dankte allen Verantwortlichen in der VOSÖ, die gerade auch das geistige Erbe der Schwestern – erlösend dazusein für die Menschen, für die Kinder – in ihre Erziehungs- und Bildungsarbeit einfließen lassen. Auch wenn es anders sein werde, bleibe der Anspruch gleich: „Die Klosterschule soll eine Schule sein, die lebendig, bunt und kreativ bleit und den Schüler*innen freien Raum gibt, in dem sie sich entwickeln, bewähren und ins Leben hineinwachsen können.“ Sie wünschte sich für die Zukunft, dass sich „die Klosterschule weiterhin dynamisch entwickelt und am Puls der Zeit bleibt. Wenn Ihnen das immer wieder gelingt, dann hat sich auch der Einsatz der Schwestern gelohnt.“

„Bereicherung für die Stadt“

Bürgermeisterin Elisabeth Böhm bedankte sich für die wertvolle und prägende Präsenz der Schwestern für die Stadt Neusiedl, vor allem für die Menschen, für die sie immer da waren. Die Schwestern seien immer „eine Bereicherung für die Stadt“ gewesen. Der von den Schwestern gegründete Kindergarten wird heute von der Stadt Neusiedl geführt.

Glaube und Bildung

Bildungsdirektor Heinz-Josef Zitz betonte, wie wichtig Ordensschulen in der Bildungslandschaft Österreichs seien und welch wertvollen Beitrag sie in der Geschichte und auch im Heute leisten. Stets die zwei wesentlichen Komponenten „Glaube und Bildung“ im Blick – so werden die Schwestern in der Klosterschule immer weiterleben, nämlich „im Herzen und durch die Bildung auch in den Gehirnen der jungen Menschen“.

Der Abschluss des bewegenden Tages wurde gemeinsam mit den Schwestern und den Gästen bei einer Agape im Schulhof der Klosterschule gefeiert.

20210917 Schwestern vom göttlichen Erlöser Selige Elisabeth Alphonsa Maria Eppinger zuschnitt

Die Selige Elisabeth Alphonsa Maria Eppinger gründete 1848 die Schwesterngemeinschaft der Schwestern vom göttlichen Erlöser.

Geschichte der Klosterschule in Neusiedl am See

1848 gründete Elisabeth Eppinger, Mutter Alphonsa Maria, eine Schwesterngemeinschaft in Niederbronn, Elsaß. 1863 wird auf Anregung von Sr. Theophile aus Wien in Sopron eine Gemeinschaft eröffnet.

Den Grundstein zur Gründung einer Schule legte Maria Strauby, eine Lehrerswitwe. Sie widmete ihr ganzes Vermögen zur Stiftung eines Kindergartens und einer Schule in Neusiedl am See zur „sittlich - religiösen Erziehung der weiblichen Jugend", wie es im Stiftungsbrief vom 21. Dezember 1872 heißt. 3 Schwestern aus der „Kongregation der Töchter des göttlichen Erlösers" aus Ödenburg eröffneten einen Kindergarten und eine „Kleine Schule" für Mädchen der 1., 2. und 3. Schulstufe und eine Arbeitsschule für schulentwachsene Mädchen.

Der erste Klosterbau stammt aus dem Jahr 1876. In diesem Gebäude wohnte auch die Stifterin bis zu ihrem Tod 1889. 1877 eröffneten die Schwestern eine Volksschulklasse für die 4. - 8. Schulstufe.

Der erste große Umbau fand 1910 statt. Zum bestehenden Gebäude wurde ein gleich großer Teil dazugebaut. 1928/29 öffnete die Mädchenhauptschule (zuvor private „Bürgerschule“) ihre Pforten. 1930 wurde das Gebäude um ein 2. Stock, das als Mädcheninternat diente, erweitert.

Von 1938 bis 1945 wurde das Klostergebäude beschlagnahmt. Im September 1945 erfolgt der Neubeginn der Volks- und Hauptschule. 1965 wurde auf Klostergrund ein Kindergarten neu gebaut.

Von 1977 bis 1979 fand eine Generalsanierung (neuer Turnsaal, Dachgeschoss-Ausbau, neue Klassenräume, das Internat wurde aufgelassen und das Tagesheim eingeführt) statt. Ein weiterer großer Umbau fand 2004 statt: Da Schulgebäude wurde umgebaut und erweitert.

2004/2005 übernahm der neue Schulträger VOSÖ die Klosterschule Neusiedl am See. 2013/14 wurde aus der Hauptschule eine Neue Mittelschule. 2014/15 fand ein weiterer Zubau statt: Ein Normturnsaal wurde errichtet, 8 Klassen für die Neue Mittelschule eingerichtet und Sonderräume angefertigt.

Heute betreuen rund 40 Pädagog*innen und 5 Pädagoginnen in der Nachmittagsbetreuung rund 440 Schüler*innen in 9 Volksschulklassen und 10 Klassen Mittelschule der Klosterschule in Neusiedl am See.


[renate magerl]

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